An dieser Stelle wird Historiker Franz Gangelmayer Ihnen in (un-)regelmäßigen Abständen kurze Geschichten aus den 120 Jahren Pfarrgeschichte erzählen.
Gute Unterhaltung wünscht Ihnen
PAss. Martina Aulehla
An dieser Stelle wird Historiker Franz Gangelmayer Ihnen in (un-)regelmäßigen Abständen kurze Geschichten aus den 120 Jahren Pfarrgeschichte erzählen.
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PAss. Martina Aulehla
Am 18. Juni 2018 jährt sich die Einweihung der Breitenfelder Pfarrkirche zum 120. Mal. Nach sage und schreibe 63jähriger Planungszeit, Überwindung unzähliger Hindernisse und dreieinhalb jähriger Bauzeit konnte die Kirche am Breitenfeld im sogenannten Kaiserjubiläumsjahr 1898 (50. Thronjubiläum von Kaiser Franz Joseph I.) endlich ihrer Bestimmung übergeben werden. Warum dies alles so lang dauerte, die Kirche gerade am Uhlplatz mit Backsteinfassade errichtet wurde und welche zahlreichen Rückschläge und Hindernisse der Kirchenbauverein hinnehmen musste sollen die nächsten neun Texte verbildlichen.
Die rasante Bevölkerungszunahme Wiens im ausgehenden 18. Jahrhundert führte zum Ausbau aller noch brachliegenden Flächen innerhalb des Linienwalls (heutiger Gürtel). Die bis dahin als Getreidefeld genutzte „Eselhardried“ bzw. „Alsbreite“ ließ der damalige Schotten-Abt Benno Poitner im Jahr 1800 als Bauplätze parzellieren. Der größere der beiden Plätze auf dem Breitenfeld, der nach dem Abt benannte Bennoplatz, war dabei von Anfang an als Kirchenplatz für eine in Zukunft nötig werdende Pfarrkirche ins Auge gefasst worden.
Als Kaiser Franz I. am 2. März 1835 das Zeitliche segnete, kam dem Gemeindevorsteher Karl Gaber die Idee, dem ersten Kaiser Österreichs auf dem Boden jenes Vorortes, welcher unter seiner Regierung entstanden war, durch Erbauung einer Gedächtniskirche ein religiöses Denkmal zu setzen. Gaber wandte sich zunächst an die Kaiserin-Mutter Carolina Augusta, welche bereits am 1. November 1835 einen bedeutenden Geldbetrag zusagte. Trotz dieses Erfolges sorgte sich die Gemeinde vor einer Erhöhung der Lasten, so dass Gaber erst im Jahr 1837 an Kaiser Ferdinand I. ein Bittgesuch um „allergnädigste Genehmigung der Erbauung einer Denkmalskirche für Kaiser Franz I. und der Gründung eines Vereines zur Beschaffung des Kapitals“ überreichen konnte. Nachdem sich nämlich die finanzielle Kraft der Gemeinde Breitenfeld als viel zu schwach erwies, hatte er den genialen Plan gefasst, die Errichtung der Kirche mit Hilfe einer großangelegten Spendenaktion im gesamten Kaiserstaat zu ermöglichen. Der Erfolg des Vereins war beachtlich: In kürzester Zeit konnten rund 53.000 Gulden, was heute einen Wert von rund einer Millionen Euro entspräche, gesammelt werden.
Die Kirche sollte auf dem Bennoplatz gebaut werden, nicht groß aber monumental sein und durch „reiche Ornamentik erhebend“ wirken. Als Vorbild schwebte den Vereinsgründern dabei die Karlskirche vor. Die Wirksamkeit des Vereines hätte erst dann enden sollen „wenn dieses Gotteshaus mit den zu einer religiösen Feier notwendigen Erfordernissen versehen wird“.
Doch im Laufe des Jahres 1843 stellte sich die Frage nach einer Abgrenzung des Breitenfelder Pfarrsprengels. Die Wiener Pfarrsprengeleinteilung aus dem Jahre 1786 erschien im Hinblick auf den großen Bevölkerungszuwachs zunehmend als unhaltbar. Daher bestimmte die Hofkanzlei fünf neue Wiener Pfarrkirchen anzulegen – u.a. eine in der Vorstadt Breitenfeld. Dieser neu zu bildende Pfarrsprengel sollte Teile der umliegenden Pfarren erhalten und rund 8000 Seelen umfassen. Hiermit entfiel für den Verein jener Teil seiner statutenmäßigen Wirksamkeit, welcher die Errichtung einer Pfarrkirche auf dem Breitenfelde betrug, denn diese hatte nun die Regierung selbst auf dem gesetzlichen Wege zu erbauen. Die Vereinstätigkeit beschränkte sich dahin zu wirken, dass diese Pfarrkirche monumental errichtet und dem heiligen Franz Seraphicus geweiht werden sollte. Bevor dieser Plan jedoch realisiert werden konnte, kamen die Wirren der Revolution 1848 dazwischen.
Im heurigen Jahr feiert die Republik Österreich ihren hundertsten Geburtstag. Die Idee einer demokratischen Staatsform für Österreich geht jedoch viel weiter zurück. So kann die Revolution von 1848 als einer der bedeutendsten Meilensteine auf dem Weg Österreichs zu einem demokratischen Verfassungsstaat angesehen werden. Auch wenn die Ziele damals noch nicht alle durchgesetzt wurden, so war das erste Aufflackern des Parlamentarismus wichtiger Wegbereiter für die friedliche und feierliche Ausrufung der Republik Österreich am 12. November 1918. Die Revolution 1848 war ein erster Versuch, über die sozialen Schichten hinweg, neue politische und gesellschaftspolitische Forderungen durchzusetzen, welche sich ins kollektive Gedächtnis nachhaltig einprägten. Die feudalen Strukturen konnten reformiert und die Pressefreiheit garantiert werden.
Für den Breitenfelder Kirchenbauverein brachte die Revolution jedoch sein vorzeitiges Ende, da eine Kaiser Franz Gedächtniskirche nicht mehr als en vogue erschien. Daher beschloss eine auf den 17. Juli 1848 einberufene Generalversammlung, das Vereinsvermögen unter folgenden Bedingungen der Staatsverwaltung zu übergeben:
„1. dass die Kirche unter Verzichtleistung auf den ursprünglichen Plan einer Monumentalkirche jedenfalls zum heiligen Franciscus Seraphicus genannt und somit der Hauptaltar mit dem Bilde dieses Heiligen geziert werde und
2. dass die angenommenen Baupläne, nachdem sie von der Akademie der vereinigten bildenden Künste entworfen und geprüft worden, auch der Allerhöchsten Schutzfrau des Vereines, nach der Bestimmung der Statuten, zur Einsicht vorgelegt würden.“
Dieser Antrag wurde mit Erlass des Ministeriums des Inneren vom 30. September 1848 angenommen und der Verein somit aufgelöst. Das gesamte Vereinsvermögen, ein silberner Kelch und die Rechnungsbücher und Akten wurden dem niederösterreichischen Zahlamt in staatliche Verwahrung übergeben. Damit endete auch die Sammeltätigkeit. Innerhalb von sieben Jahren kamen 52.948 Gulden und 19 Kreuzer (rd. 1 Mio Euro) allein mit Spenden zusammen. Der letzte Rechenschaftsbericht vom 31. Dezember 1847 führte 303 „wirkende Vereinsmitglieder“ auf, die aus allen Teilen der Monarchie kamen.
Nach der blutigen Niederschlagung der Revolution von 1848 folgte im Habsburgerreich eine monarchische Herrschaft, welche die liberalen und konstitutionellen Bestrebungen des Bürgertums sowie die nationalen Anliegen der Völker rigoros unterdrückte. Diese Periode ging als sogenannter Neoabsolutismus in die Geschichtsbücher ein. Der junge Kaiser Franz Joseph stützte sich dabei – gemäß seines Wahlspruchs „Viribus unitis“ (lateinisch für „mit vereinten Kräften“) – besonders auf die Macht des Militärs und der Kirche. Es folgten somit einige neue Kirchenbauten und auch die Kirchenplanung für eine Pfarrkirche am Breitenfeld feierte wieder ein Revival.
Am 4. März 1852 schrieb das Unterrichtsministerium, welches in der Zwischenzeit die Kultusagenden vom Ministerium des Innern übernommen hatte, dieses Bauprojekt aus. Die Teilnehmerliste liest sich dabei wie ein Who is Who der österreichischen Architektenprominenz: August Sicard von Sicardsburg (u.a. Staatsoper), Ferdinand Fellner (u.a. Ronacher), Theophil Hansen (u.a. Parlament), Friedrich August Ritter von Stache (u.a. Großmarkthalle), Heinrich von Ferstel (u.a. Votivkirche) und Joseph Kranner (u.a. Ausbau des Prager Veitsdoms). Trotzdem war das am 30. Oktober 1852 zusammentretende Schiedsgericht der Akademie der bildenden Künste nicht in der Lage mit einer Preiszuerkennung vorzugehen, da keines der „als künstlerisch und konstruktiv gelungenen“ bezeichneten Projekte die Bausumme von 200.000 Kronen (rund 3,1 Mio Euro) eingehalten hatte. Daraufhin löste sich das Schiedsgericht auf und das Ministerium ordnete die Überarbeitung der Kostenvoranschläge an. Im März 1854 brachte der Sieger der Ausschreibung, der Prager Architekt Joseph Kranner, ein adaptiertes Projekt ein, welches die Kostensumme von 200.000 Kronen insofern einhielt, als es die Gemeinde Wien zur Leistung der Fundamentierungsarbeiten im Wert von 50.000 Kronen heranzog, was der Wiener Gemeinderat jedoch strikt ablehnte.
Schließlich gelangten die Bauplanungen für eine Pfarrkirche auf dem Breitenfelde wieder in Vergessen. Nicht zuletzt auch dadurch, da die Baumaßnahmen der Altlerchenfelder Kirche (1858 bis 1861) und der Elisabeth-Kirche auf der Wieden (1860 bis 1866) die, für Kirchenzwecke verfügbaren Geldmittel gänzlich aufgebraucht hatten. Aber auch die geplante Stadterweiterung, der Fall der Basteien und die Verbauung der Glacis scheinen sich vorerst noch hemmend für weitere Kirchenbauten ausgewirkt zu haben.
Im Zuge einer Neueinteilung der Verwaltungsbezirke Wiens kam die Gemeinde Breitenfeld mit ihren 96 Häusern und 4875 Einwohnern im Jahre 1860 zur Josefstadt. Damit gelangte das langgeplante Kirchenbauvorhaben auf dem Breitenfeld auf die Bezirksagenda und verhalf dem Projekt zu neuem Schwung. So fasste der Josefstädter Bezirksausschuss am 17. Dezember 1863 den Beschluss, die Gemeinde Wien wolle die Ausführung dieses Kirchenbaues urgieren, indem er gleichzeitig statt des Bennoplatzes den am Ausgange der Laudongasse gegen den Gürtel zugelegenen Teil des Militär-Heumagazins als den geeignetsten Kirchenbaupatz bezeichnete. Durch diesen Beisatz wurde die Frage der Beschaffung eines anderen als des ursprünglich bestimmten Kirchenplatzes in Fluss gebracht. Dass der Bennoplatz ungeeignet sei, als Kirchenbauplatz benützt zu werden, hatte man wohl mit Recht erkannt, da derselbe – ursprünglich bloß für eine Gedächtniskirche bestimmt – für eine große Pfarrkirche in der Tat viel zu klein war.
So naheliegend es nun aber auch war, mangels anderer unverbauter Flächen, auf das große Areal des Militär-Verpflegungsmagazins hinzuweisen, so langwierig und schwierig gestalteten sich die Verhandlungen mit der Militärverwaltung. Denn obwohl es Kardinal Rauscher bereits Anfang 1865 schon gelungen war, die prinzipielle Zustimmung des Kaisers für einen Grundtausch zwischen Militär und Gemeinde zu erwirken, sollte es fast weitere 20 Jahre dauern, bis eine beiderseitig zufriedenstellende Lösung gefunden werden konnte. Stein des Anstoßes waren nämlich die horrenden Kosten des Abrisses und Neuaufbaus der Militärgebäude, welche die Gemeinde Wien verständlicherweise nicht alleine tragen wollte. So wurden wieder einmal Alternativen gesucht. Der Vorschlag die Kirche nach Plänen Friedrich von Schmidts doch am Bennoplatz zu errichten scheiterte am Widerstand des Gemeinderates.
Aber auch die Medien hielten nicht viel von dieser Idee, wie ein Artikel aus der Neuen Freien Presse vom 04. März 1865 zeigt:
Zum Kirchenbau in Breitenfeld
Die Breitenfelder Kirche soll nun endlich gebaut werden. Dieselbe soll gewissermaßen ein Denkmal für Kaiser Franz darstellen und wird zweifelsohne dem heiligen Franciscus Seraphicus dediziert werden. Nachdem die Frage dieses Kirchenbaues bereits seit Dezennien herumgeschleppt wird, hat nunmehr der Gemeinderat die Lösung derselben in Angriff genommen und es scheint wirklich Ernst damit zu werden.
Aber in welchem Stile soll die Breitenfelder Kirche gebaut werden? Ja, da liegt´s. Gotisch oder nicht? Das ist die Frage. Für sehr Viele freilich, welche den allein kirchlichen Charakter der Gotik anerkennen, ist es gar keine Frage mehr, dass die Kirche gotisch werden muss. Sogar Architekt Hansen hat es bei seinen Plänen für die Breitenfelder Kirche nicht unterlassen können, unter die Gotiker zu gehen. Es war ein amüsanter Abend, als Hansen neulich in der „Wiener Bauhütte“ dieses Projekt erläuterte und in Folge seiner Einladung, dasselbe einer Beurteilung zu unterziehen, zwischen ihm und unserem Gotiker par excellence, Dombaumeister Schmidt, ein Duell mit Spitzbogen sich entwickelte. Wer von Beiden wohl die Breitenfelder Kirche bauen wird? Möglicherweise keiner von Beiden. Von Hansen können wir uns einen gotischen Bau nicht recht denken, seine Stärke liegt nicht nach dieser Stilrichtung hin. Dass ein Künstler von solcher Bedeutung sogar den Kölner Dom nicht kennt, wie Hansen neulich selbst gestanden, ist doch kein bloßer Zufall. Wir sehen daher wohl die gotischen Pläne, – allein uns fehlt der Glaube.
Dem Dombaumeister Schmidt anderseits ist es so vielfach Gelegenheit geboten, sein reiches Talent zu entfalten, dass es ihm selbst erwünscht sein wird, den Breitenfelder Kirchenbau einem Architekten aus seiner tüchtigen Schule oder einem andern Künstler, der einem gotischen Bau gewachsen sein möchte etwa Ferstel, Essenwein oder Petschnig in die Hand gegeben zu sehen. Wir setzen hier noch immer voraus, dass allein kirchliche Gotik auch der Baustil für Breitenfeld sein werde. Vielleicht lässt man es indessen doch genug sein mit der Votivkirche, der Lazzaristenkirche jener in Fünfhaus, unter den Weißgärbern und beim Belvedere, welche insgesamt gotisch sind oder sein werden und gönnt auch noch einem anderen Baustile Gelegenheit in Wien Blüten zu treiben.
Die Frage, welchem Architekten der Bau der Kirche in Breitenfeld anvertraut werden sollte, wird seinerzeit im Gemeinderate zur Sprache kommen. Unterdessen sei es den Planbeladenen jeder Kunstrichtung gestattet, den hochwürdigen Herrn Pfarrer und die hochachtbare Bezirksvertretung von Breitenfeld fleißig heimzusuchen und für ihre Ideen gewinnen zu wollen. Gentlemen von der Wipplingerstraße, „geben Sie Gedankenfreiheit!“
Zu Beginn des Jahres 1874 trat die Gemeinde Ottakring an die Regierung mit der Bitte heran, ihr den Breitenfelder Kirchenbaufonds zur Erbauung einer dringend nötigen Kirche zu überlassen, was das Ministerium jedoch ablehnte. In all den Wirren um den Kirchenbau in Breitenfeld wäre die Franciscus-Seraphicus-Kirche ironischerweise also fast in Neuottakring errichtet worden.
Im Jahre 1879, zu welcher Zeit der Fonds bereits eine Höhe von mehr als 300.000 Gulden (3,7 Mio Euro) erreicht hatte, wurde der Kirchenbau abermals Gegenstand der öffentlichen Diskussion. Nun schien jedoch der ideale Standort gefunden worden zu sein: Am Platz am Ende der Florianigasse zur Gürtelstraße, welcher teils im Eigentum des Wiener Bürgerspitals und teils des Finanz- und Militärärars war und etwa 100.000 Gulden kostete, sollte nun die Kirche beherbergen. Am Schwierigsten gestalteten sich auch diesmal die Transaktionen mit der Militärverwaltung, obwohl nunmehr bloß ein kleines und nie zu Magazinzwecken verwendetes Grundstück des Militär-Verpflegungsmagazins erworben werden musste.
Doch schlussendlich wurde eine Einigung über die Abtretung im Tauschwege gegen andere erzielt. Mit dem Reichsgesetz vom 27. April 1885 wurde das Kriegsministerium zum Vertragsabschluss ermächtigt und in den letzten Tagen desselben Jahres folgte der Eintrag ins Grundbuch.
Noch vor einer offiziellen Projektausschreibung reichte der bekannte Wiener Architekt Viktor Luntz (1840-1903) im Jahr 1884 einen neuen Entwurf für die Breitenfelder Pfarrkirche beim „Ministerium für Cultus und Unterricht“ ein. Dieser war im neogotischen Stil gehalten und sah insbesondere beim 69 Meter hohen Turm (rund 10 Meter höher als die jetzigen Türme) eine reiche, kostspielige Ausschmückung mit gotischen Formen wie „Krabben und Wimpergen“ vor. Da der Wiener Gemeinderat den Neubau einer weiteren neugotischen Kirche jedoch strikt ablehnte, fand im Februar 1886 wieder eine neue Ausschreibung statt. Die neogotischen Kirchenbauten waren nämlich enorm kostspielig und rissen seit Jahrzehnten große Löcher in das Gemeindebudget. Sowurde Viktor Luntz gebeten sein abgebendes Projekt komplett zu überarbeiten, der den Auftrag aber seinem guten Freund, Studien- und Arbeitskollegen und Schwager Alexander Wielemans Edler von Monteforte (1843-1911) übertrug.
Beide lernten sich bereits während ihrer Studienzeit an der Akademie der bildenden Künste kennen und traten danach in das Atelier Friedrich Schmidts ein. Dort arbeiteten sie gemeinsam in der Bauleitung des sich gerade im Bau befindlichen Wiener Rathauses. Nachdem Wielemans im Jahr 1874 bei dem Wettbewerb um den Justizpalast in Wien den ersten Preis errungen hatte eröffnete er ein eigenes Atelier und beschäftigte Luntz zeitweise in seinem Atelier.
Während Wielemans die Nichte Friedrich Schmidts heiratete, ehelichte Luntz die Schwester Wielemans. Nachdem diese völlig unerwartet im 39. Lebensjahr 1885 verstarb, musste Luntz die fünf gemeinsamen Söhne betreuen und arbeitete fortan als Professor an der Technischen Hochschule und der Akademie der bildenden Künste. Dies schien auch mit ein Grund gewesen zu sein, weshalb er seinen Schwager bat, dieses Projekt zu übernehmen. Da jedoch Luntz und nicht Wielemans vom Ministerium um eine Überarbeitung beziehungsweise Ausarbeitung neuer Pläne gebeten wurde, musste er diese zumindest unter seinem Namen pro forma abgeben. Seine Ausführungen vom 15. März 1886 haben die Zeiten überstanden und liegen heute im Wiener Stadt- und Landesarchiv. Interessant sind dabei seine klare Stellungnahme auf die maßgebliche Mitarbeit seines Schwagers und seine Erläuterungen bezüglich des neu gewählten Baustils:
„Da es die Direktion gegeben hat, die Kirche nicht in gotischem Stil zu projektieren wurden die Architekturformen des lombardischen Backsteinbaues der Frührenaissance gewählt, welche einerseits durch Verwendung von Verkleidungsziegeln, Formsteinen und Terrakotta, so wie von entsprechend verteilten größeren Putzflächen, ohne Gebrauch von vielen Hausteinmaterial, bei den tunlichst geringsten Kosten die relativ größte Monumentalität der Ausführung zulässt und andererseits gestattete, den im Allgemeinen gutgeheißenen Grundriss des früher vorgelegenen Projektes den Metern nach aufrecht zu erhalten.“
Dennoch schien den Verantwortlichen auch dieses Projekt in Hinblick auf die Baukosten zu missfallen und so baten sie erneut um Überarbeitung. Bereits zwei Monate später reichte Wielemans – nun bereits ohne Luntz – eine abgespeckte Version des Kirchenentwurfs ein. Das Kirchenschiff sollte niedriger werden und der Dachstuhl aus Eisenträgern statt aus Holz bestehen, da eine Holzkonstruktion aufgrund des Gewichtes massivere Mauern und ein tieferes Fundament vorausgesetzt hätte. Der Plan das sogenannte Sanktustürmchen über der Vierung gänzlich wegfallen zu lassen wurde später wieder verworfen. Wielemans sprach in seinem Brief vom 26. Mai 1886 von einer beachtlichen Kostenreduktion, da „der gewählte Stil, die italienische Frührenaissance, in der inneren Einrichtung hohe kolossale Altarbauten, Orgelschreine und dergleichen nicht erfordert, sowie die farbige Ausstattung der Wände und Gewölbeflächen eine mehr einfache, hellfarbige in lichten Steintönen und weniger farbiger Ornamentik in den typischen Farben weiß, blau und gelb erfordert. Der wesentlichste Schmuck der Ausstattung der Innenräume dieses Stils sind die entsprechenden Wand- und Altargemälde, welche naturgemäß doch nur sukzessive zu beschaffen sind.“
Dieser Plan konnte die Jury nun endlich überzeugen und so wurde das Kirchenbauprojekt „mit Allerhöchster Entschließung vom 14. Juli 1887“ genehmigt. 370.000 Gulden (rund 5 Mio Euro) sollten für den äußeren Bau und 70.000 Gulden (rund 1 Mio Euro) für die innere Einrichtung bereitgestellt werden. Wielemans der sich für zahlreiche Villenbauten, dem Wiener Justizpalast sowie den Neubau des Grazer Rathauses verantwortlich zeichnete, zählt mit der Errichtung der Breitenfelder Pfarrkirche und der Neuottakringer Pfarrkirche am Familienplatz zu den bekanntesten Architekten des Späthistorismus.
Nach Genehmigung der überarbeiteten Baupläne schien einem unmittelbar bevorstehenden Baustart nichts mehr Wege zu stehen. Doch die Frage der Beitragsleistung seitens der Gemeinde Wien führte abermals eine Verzögerung herbei. Diese schloss die finanzielle Beteiligung mit 50.000 Gulden (rund 660.000 Euro) mit der Begründung, dass der sogenannte „Hand- und Zugrobot“ dem Gesetz nach nur dann geleistet werden müsse, wenn die Kosten nicht anderswertig aufgebracht werden können, kategorisch aus. Der Breitenfelder Kirchenbau-Fonds war durch die Sammlungstätigkeiten von über 50 Jahren mittlerweile so hoch dotiert, dass er die gesamten Baukosten problemlos decken konnte. Was folgte war ein jahrelanger Rechtsstreit, in dem die Statthalterei und das Ministerium zwar zu Gunsten des Fonds entschieden, aber der Verwaltungsgerichtshof schließlich zu Gunsten der Gemeinde erkannte: „Die Kommune Wien habe die Hand- und Zugarbeit (im anerkannten Betrage per 50.000 Gulden, ab 12.600 Gulden als der ihr zufolge Vereinsbeschlusses vom 4. August 1848 gutzurechnende Betrag, somit im Restbetrage von 37.400 Gulden) so weit nicht zu tragen, als diese 12.600 Gulden samt Fruktifikation seit 1848 bis 1887 (gleich 83.000 Gulden) zur Deckung der Hand- und Zugarbeit der römisch-katholischen Pfarrgemeinde auf dem Breitenfelde in Wien per 50.000 Gulden (…) ausreichen.“ Die Gemeinde Wien gewann schließlich den Prozess, indem sie auf die Verzinsung des im Jahr 1848 bei der Auflösung des ersten Kirchenbauvereins an das Ministerium überwiesenen Betrages hinwies, welcher die nun geforderte Beitragsleistung bei Weitem übertraf.
Selbst nach Klärung aller finanziellen Fragen war an einen baldigen Baubeginn wieder nicht zu denken. Nun machte die politische Absicht die Vororte Wiens „einzugemeinden“ einen Strich durch die Rechnung. Damit haben sich die Voraussetzungen für die Kirchenplanungen grundlegend verändert, die im Jahr 1885 noch von einem Pfarrgebiet in den Grenzen des Bezirksteils Breitenfeld mit insgesamt 9527 Seelen ausging. Dieses sollte sich nach dem Willen der Kirchen- und Gemeindevertreter auch aus Gebieten der ehemaligen Vororte Ottakrings, Hernals und Währings zusammensetzen. Damit wollten sie ein klares Zeichen setzen und die Pfarre Breitenfeld eine Voreiterrolle bei der Einbindung der neuen Stadtgebiete einnehmen – sehr zum Missfallen des Josefstädter Bezirksausschusses, der seinen damaligen Vorschlag, die Kirche ganz am Rand des Bezirkes an der gerade im Bau befindlichen Gürtelstraße zu errichten, inzwischen wohl bereute.
Das Fass zum Überlaufen brachten letztendlich aber die Bauplanungen für die Errichtung der Stadtbahn, die in unmittelbarer Nähe an der Kirche in Hochlage verlaufen sollte. Aus diesem Anlass richtete der Bezirksausschuss Josefstadt an den Statthalter eine Petition, die neu zu erbauende Kirche, anders als bereits vom Kaiser genehmigt, mit der Hauptfront zur Florianigasse zu stellen, da sonst „die architektonische Schönheit der Kirche nicht zur Geltung gelangen könnte“. Nachdem der Ausschuss in diesem Schreiben behauptete, der Fonds wurde nur von der Bewohnerschaft des achten Bezirkes gesammelt, bildete sich in Hernals und Ottakring ein Komitee, welches daraufhin ebenfalls eine Petition der Statthalterei überreichte. In dieser baten sie um Rücksichtnahme auf die Bevölkerungsverhältnisse, da sie „nun keine Vororte, sondern Bezirke Wiens sind“, „zumal dem Bezirk Josefstadt (48.000 Einwohner) fünf Kirchen zu Gebote stehen, während die Bezirke XVI. und XVII. bei einer Einwohnerzahl von 180.000 Seelen gleichfalls nur fünf Kirchen frequentieren können. Zum Schlusse wird noch betont, dass die Pläne die allerhöchste Sanktion bereits erhielten und dass auch die Baukomitees sich aus architektonischen und praktischen Gründen für die Fassade gegen den Hernalser Gürtel zu erklärt haben.“
Nachdem die geografische Kirchenausrichtung bereits unveränderbar schien, forderte der Josefstädter Bezirksausschuss nun eine Planänderung der Stadtbahn und erhielt dafür Unterstützung von prominenter Seite. So bezeichnete der spätere Wiener Bürgermeister Karl Lueger die sogenannte Gürtelbahnlinie als „ein Monstrum an Hässlichkeit. Vor der Breitenfelder Kirche werden Lokomotiven vorüberfahren, damit die Passagiere eine schöne Aussicht haben. Für diese Verunstaltungen werden unsere Enkel die jetzige Generation verfluchen.“ Er verlangte daher eine Tieflageführung der Stadtbahn. Damit sorgte er für hitzige Debatten im Gemeinderat, welcher sich zudem mit der Frage auseinander setzen musste, ob die Einberufung einer Wählerversammlung zu dem selben Thema durch den Josefstädter Bezirksausschuss überhaupt legitim war. Der Gemeinderat reagierte prompt und stellte fest, dass diese Einberufung nach § 85 des Wiener Gemeindestatutes verfassungswidrig und mit der „Sistierung dieses Beschlusses vorzugehen“ war.
Zwar bemerkte der Eisenbahnminister Guttenberg, dass „die Tiefbahn in ästhetischer Beziehung der Hochbahn vorzuziehen wäre, doch mit Rücksicht auf die vorgeschrittene Arbeit könne man heute nicht mehr zurück, ohne den Bau der Gürtellinie zu verzögern. Dem Ansuchen der Gemeinde Breitenfeld, den Bau der Kirche nicht durch kontinuierliche Bögen zu verunstalten, wurde Rechnung getragen.“ Die Tramway Gesellschaft lenkte nämlich insofern ein, dass gegenüber der Kirchenfassade anstatt der ursprünglich projektierten einen Durchfahrt drei in Eisenkonstruktion auszuführende Durchfahrten, welche übrigens auch „mit der Architektonik der Kirche im Einklange stehen sollten“, herzustellen versprach. Das konnte die Bedenken der Hochbahngegner zwar nicht vollständig ausräumen, war aber schließlich ein guter Kompromiss für alle Parteien. Heutzutage wirkt weniger die U6-Linie als vielmehr die stark befahrene Gürtelstraße als Störfaktor für den Standort.
Nach all den Turbulenzen wurde mit der „Allerhöchsten Entschließung vom 25. April 1893“ der Bau des 95. römisch-katholischen Gotteshauses in Wien endlich genehmigt und tags darauf ein Baukomitee unter Leitung von Wilhelm Freiherr Marx von Marxberg eingerichtet. Am 19. August 1893 erteilte dann auch die Statthalterei den sogenannten Baukonsens, wodurch unmittelbar darauf mit den Erdaushebungs- und Fundierungsarbeiten begonnen werden konnten.
Auch der Zeitpunkt der feierlichen Grundsteinlegung wurde dabei auf den ersten Samstag im Mai des Folgejahres (5. Mai) festgesetzt. Doch nach all den Problemen und Verzögerungen bei diesem Kirchenbauprojekt erscheint es fast nur natürlich, dass es auch diesmal wieder zu Überraschungen kommt. Denn da sich just an diesem Tag der Kaiser zur Taufe seines neugeborenen Enkels nach Schloss Lichtenegg begab wurde die Zeremonie auf den folgenden Mittwoch, 9. Mai 1894 verschoben. Wie diese ablief verbildlicht ein zeitgenössischer Zeitungsartikel des Neuigkeitsweltblatts vom 11. Mai 1894:
Der Akt der Grundsteinlegung gestaltete sich zu einer erhebenden Feier, an welcher alle Schichten der Bevölkerung des achten Bezirkes teilnahen. Der Festplatz, welcher auf den Fundamenten der neuen Kirche hergestellt war, zeigte reichen Flaggenschmuck. Mächtige, mit Wappen und Reisigfestons geschmückte Flaggenmaste umgaben den Platz, auf welchem sich rechter Hand ein Zelt für denKardinal-Fürsterzbischof Dr. Gruscha und die assistierende Geistlichkeit, linker Hand das Zelt für den Kaiser und in der Mitte ein Baldachin befanden, unter welchem der Altar errichtet war. Vor dem Altare befand sich die Höhlung, in welche der Grundstein eingemauert werden sollte. Im Kaiserzelt stand ein Gipsmodell der neuen Kirche und auf einem Tisch lag die Bauurkunde zur Verlesung und Unterzeichnung bereit.
Vor dem Festplatze an der Einmündung der Florianigasse in die Blindengasse erhob sich ein mächtiger, prachtvoll geschmückter Triumphbogen. Vor dem Eingange zum Festplatz hatten weißgekleidete Schulmädchen Aufstellung genommen. Alle Häuser ringsum prangten im Festschmucke und die den Platz umgebenden Tribünen waren von einem festliche gekleideten, zumeist aus Damen
bestehenden Publikum besetzt. Schon um 9 Uhr begann die Auffahrt der geladenen Gäste. (…) Vor der ersten Tribüne hatte der Josefstädter Männer-Gesang-Verein Aufstellung genommen. (…) Der Kaiser fuhr von der Hofburg über die Josefstädterstraße, den Albertplatz und die Florianigasse zum Festplatz. (…) Als der Kaiser präzise 10 Uhr vor dem Festplatze erschien, begrüßte ihn das massenhaft angesammelte Publikum mit brausenden Hochrufen. (…)
Der Kaiser wurde zu dem Hofzelte geleitet, wo Kardinal-Fürsterzbischof Dr. Gruscha folgende Ansprache an den Kaiser richtete: „Eure k. und k. apostolische Majestät! Die Feier der Grundseinlegung einer Pfarrkirche, die sich am heutigen tage abermals in huldvollster Gegenwart Eurer Majestät vollzieht, bildet den würdigsten Abschluss einer seit mehr als fünf Dezennien dauernden Bautätigkeit, welche ebenso religiös als patriotisch ist. Wie damals die Bürger des Gemeindebezirkes beschlossen haben – ein religiöses Denkmal zu erbauen und die Bausteine hieführ durch milde Gaben zu sammeln zur ferneren und immerwährenden Erinnerung an die glorreiche Regierung Seiner Majestät Kaiser Franz I., so sollte seinem Namenspatron zu Ehren dieses Gotteshaus benannt und dem heiligen Franziskus Seraphikus geweiht sein.“Der Kardinal wies sodann auf die dem österreichischen Kaiserhause angestammte christliche Nächstenliebe und Barmherzigkeit hin, auf das Verständnis für monumentale und würdige Bauten von Kirchen und sagte, dass besonders eine Pfarrkirche dem geistigen Wohle der Menschheit diene. Er werde in dem heiligen Zeichen des Kreuzes als Bischof den Grundstein legen mit dem Wunsche, dass der Schutz des Allmächtigen über dem Monarchen und dem gesamten Kaiserhause walte. (…) Der Heiland wolle hier seine Herrschaft erweitern, in jener Stadt, in welcher der Kaiser das Machtwort gesprochen habe: „Die Linienwälle sollen fallen.“ Dies sei die erste Pfarrgemeinde, die über die Grenzen der Linienwälle hinaus ausgedehnt werden soll. Das Kreuz wird fortfahren, am Altar dieser Pfarrkirche die Herrschaft des Heilands Jesus Christus zu entfalten. (…)
Hierauf begann der kirchliche Teil der Feier. Während die Geistlichkeit die Psalmen rezitierte, nahm der Kardinal-Fürsterzbischof die Weihe des hinter dem Altare in einem Pflanzenhain aufgerichteten Holzkreuzes und sodann die Weihe des Grundsteins vor. Sodann wurde der Stein von in altdeutsche Tracht gekleideten Bauleuten in die Öffnung versenkt und dort eingemauert. Auf die diesbezügliche Bitte des Statthaltereirates Baron Marx ergriff der Kaiser den ihm von Baurat Wielemans dargereichten silbernen Hammer und vollführte die üblichen drei Hammerschläge. (…) Danach ließer sich vom Statthalter das Gipsmodell der neuen Kirche erklären. Unter den brausenden Hochrufen des Publikums fuhr der Kaiser nach der Hofburg zurück.
Ende August 1893 wurde mit den Fundierungsarbeiten begonnen. Die gesamten Bauarbeiten standen unter der Leitung des renommierten Hofbaumeisters Josef Schmalzhofer, der zahlreiche Kirchenbauten in Wien betreute. Doch selbst für ihn war die Errichtung eines 60 Meter langen und 32 Meter breiten Kirchenschiffes mit einem Fassungsvermögen von bis zu 2200 Personen eine Herausforderung.
Wielemans beschreibt den Bau nach dessen Fertigstellung wie folgt:
Die Kirche ist in konstruktiven Ziegelrohbau, in Renaissanceformen, anschließend an die Frührenaissance-Ziegelbauten in Oberitalien, mit einigen Verputzflächen und möglichster Vermeidung von Hausteinarbeiten durchgeführt worden. Ebenso sind eigentliche Terracotta-Verkleidungen hauptsächlich nur zur Frieseinlagen verwendet worden; diese, der älteren strengeren Auffassung des Zielrohbaues entsprechende Durchführung erforderte eine große Zahl (44 Nummern ohne Eckstücke) von Formsteinen (sämtliche von der Wienerberger Baugesellschaft geliefert). Auch die Pfeiler im Innern sind in einfach geschlemmten Ziegeln mit Portlandzement hergestellt worden. Das tonnenförmige, mit Schildern gezierte Mittelschiffgewölbe ist mit nicht sichtbaren Verstärkungsgurten aus porösen Ziegeln, 15 cm stark, hergestellt. Die Dächer der Kirche, die beiden Turmhelme und das Sanktustürmchen sind in Eisenkonstruktion von der Firma Ignaz Gridl hergestellt worden. Unterkellert sind die Teile zwischen den beiden 63 Meter hohen Türmen, welche auf einer 1,6 Meter hohen Betonplatte ruhen und der Raum unter dem Presbyterium und den beiderseiten Anbauten.
Bereits im November 1895 ragten die beiden Türme als Rohbau in die Höhe. Danach begann der heikelste Part: die Überdachung des Kirchenschiffs. Dabei stürzte am 4. April 1896 um die Mittagszeit ein Tonnengewölbe von ungefähr 8 Meter Breite und 13 Meter Spannweite ein. Die Ziegel blieben auf dem obersten Teil des Gerüstes liegen. Da kurz vorher die Mittagspause begonnen hatte, wurde kein Arbeiter verletzt. Dies sollte jedoch leider nicht der einzige Bauunfall bleiben. Im November desselben Jahres stürzte der 32jährige Glasergehilfe Rudolph Gehring während er die Verglasung der Kirchenfenster vornahm von einem 6 Meter hohen Gerüst in die Tiefe. Das gleiche Schicksal ereilte eineinhalb Jahre später traurigerweise auch dem Maurer Joseph Zischka, der schwer verletzt in das Allgemeine Krankenhaus gebracht wurde. Auch der Sturm vom 1. Februar 1898, der in ganz Wien enorme Verwüstungen hinterließ, setzte dem Bau mächtig zu und wurde gleich zur ersten Bewährungsprobe. Der Wind brachte dabei sogar die sieben Glocken zum Klingen. Diese hatten ein Gesamtgewicht von 6000 Kilogramm und ertönten bereits am Freitag dem 22. Mai 1896 um 15 Uhr „im schönsten harmonischen Einklange“.
Da die Bauarbeiten zügigervorangingen als erwartet, zeichnete sich schon bald die Möglichkeit ab, die Kirche im sogenannten Jubiläumsjahr (50. Thronjubiläum des Kaisers Franz Joseph I.) einzuweihen.
Die beiden nachfolgenden zeitgenössischen Zeitungsartikel geben einen guten Einblick in den Ablauf des Weiheaktes:
Reichspost vom 19. Juni 1898:
An der Grenze des alten und des erweiterten Wien erhebt sich massig und doch gefällig die neue Kirche. Dort wo die Florianigasse auf die Gürtelstraße mündet, ist sie gebaut. Ihre Nachbarn rings umher sind kleine Häuschen, die letzten des alten Wien, doch die im Bau begriffenen Gebäude künden schon, dass auch für sie bald das letzte Stündlein schlagen wird. Das Wahrzeichen des modernsten Wien, die Stadtbahn, fährt auf hohen Bogen knapp vor der Hauptfassade der Kirche, jedoch so dass sie trotzdem zu voller Geltung kommt, an ihr vorüber. Vor der Kirche ist eine weite breite Straße, die Gürtelstraße, die durch den Hochbau der Stadtbahntrasse in zwei Teile geschieden ist. Hernals blickt von drüben herüber zur Josefstadt. In friedlichem Verein haben die beiden Bezirke, die zunächst durch die Errichtung der Kirche berührt sind, zu der heutigen Feier gerüstet.
Schon seit einigen Tagen stand die bevorstehende Einweihung im Mittelpunkt des Interesses in diesen Bezirken. Hunderte und Hunderte pilgerten hinaus und herein, um den schönen Rohziegelbau zu bewundern, der mit seiner glücklichen Konzeption eine bauliche Sehenswürdigkeit bildet. Namentlich fällt der geniale Übergang vom massigen Unterbau zu den schlanken Türmen auf. Eine stilvolle Säulengalerie vermittelt ihn unauffällig. Auch von der Stadtseite ist der Anblick auf Rückfront der Kirche mit dem abgerundeten Chor und den in schöner Perspektive vorne ragenden Türmen sehr gefällig. Besonders am gestrigen Vorabend herrschte auf dem weiten Platze rings um die Kirche festtägliches Leben. Man legte Hand an die Dekoration.
Von den umgebenden Häusern grüßten Fahnen, Girlanden, Wappenschilder, Festons und Tannenreisige. An den drei Durchlässen des Stadtbahnviaduktes waren die Wappen des Reiches, des Landes und der Stadt, von Fähnchen in denselben Farben umgeben, angebracht. Vier hohe Flaggenmasten umsäumten den Platz und auch von ihnen wehten Fahnen in den Reichs-, Landes- und Stadtfarben. Der Platz selbst ist von Flaggenstangen abgegrenzt. Auf ihm ersteht der Pfarrhof, dessen Bau schon ziemlich weit gediehen ist. Die Bauhütte neben der Kirche ist mit Girlanden behängt. Sie dienen als Rahmen für die Reliefmedaillons des Kaiserpaares und für den kaiserlichen Aar.
Auch die Kirche hatte sich festlich geschmückt. Hoch oben, fast beim Turmkreuz wehen zwei weiße Fahnen mit rotem Kreuz. Unterhalb der Turmhelme flattern beiderseits schwarz-gelbe, rot-weiße, blau-weiße und weiß-gelbe Fahnen. Das halbrunde Feld oberhalb des Portals ist vollständig mit Tannenreisig ausgefüllt. Und das Waldesgrün lässt Kauffungen’s plastische Gruppe im Tympanon: „Franciscus Seraphicus seine Wundermale empfangend“ in ihrem schneeigen Weiß umso wirkungsvoller hervortreten.
Die weite Straße vor der Kirche sieht wohl noch etwas wüst aus, doch hat eine schwere Steinwalze noch bis gestern Nachts den feinen Kies vor dem Portale festgestampft und der Anblick, den der Festplatz heute Morgens in seinem festtäglichen Schmucke bot, war über alle Maßen wirkungsvoll. Denn das weite Terrain gestatte diesseits und jenseits des Stadtbahnviaduktes den Anrainern eine zahlreiche Beteiligung an dieser Feier, die noch an Weihe dadurch gewann, dass sie in das Jubeljahr fällt.
Das Wetter war ein echtes und rechtes Kaiserwetter. Schon zeitlich am Morgen haben die Zeremonien der Einweihung ihren Anfang genommen. Die ersten Körperschaften, die anrückten, waren die freiwilligen Feuerwehren der neuen Bezirke, die Veteranenvereine („Schwarzenberg“, „Tegetthoff“, „Erzherzog Friedrich“, „Kronprinz Rudolf“, „FZM. Phillippovich“) und die Sicherheitswache, die Spalier rings um die Kirche bildeten und die Zufahrt freihielten. Die Tegetthoff-Veteranen waren mit Fahne und Musik ausgerückt.
Bald darauf stand die Menge schon festgekeilt über den Stadtbahnviadukt hinaus und die Gürtelstraße nach beiden Seiten hin weit hinab- und hinauffüllend. Von ihren Lehrern geführt kam im Festkleide die Schuljugend.
Um 7 Uhr Früh nahm Weihbischof Schneider die Einweihung von Außen vor. Die Prozession mit den Reliquien bewegte sich sodann in das Kircheninnere, wo der Weihbischof die Einweihung fortsetzte. Der Innenraum und der Hauptaltar wurden konsekriert. Hierauf wurde die Salbung der Apostelkreuze vorgenommen. Um viertel Elf Uhr kam Kardinal Fürsterzbischof Dr. Anton Josef Gruscha vor der Kirche an. (…) Es war gegen halb Elf Uhr als von der Josefstädterstraße her brausender Hochruf erschallte und gleich darauf bog der kaiserliche Wagen um den Kirchenplatz. Mit Hüten und Tüchern wurde geschwenkt und begeistert jubelte das Publikum dem ankommenden Monarchen zu. Der Josefstädter Gesangsverein intonierte die Volkshymne, deren Klänge weithin über den Platz schallten. Der Kaiser kam in offener Hofequipage.
Neuigkeitsweltblatt vom 21. Juni 1898:
Der Monarch begab sich mit den Erzherzögen sofort in die elektrisch beleuchtete Kirche. An der Eingangspforte reichte Kardinal Dr. Gruscha das Aspergill, in langem Zuge folgten die Dignitäre und Funktionäre. Beim Hochaltar waren für den Kaiser und die Erzherzöge Kniebänke und Sessel aufgestellt. Während der Messe sang der Josefstädter Männergesangsverein unter erhebenden Orgelklängen.
Nachdem der Pontifikant den bischöflichen Segen erteilt hatte, begab sich der Kaiser mit dem Statthalter in die Sakristei, um die Vorstellung von 60 Herren entgegenzunehmen. In erster Linie wurden vorgestellt das Baukomitee (…), dann die Bezirksvorsteher (…). Jeden der Herren zog der Monarch dann in ein Gespräch.
Nach der Vorstellung kehrte der Kaiser zum Hochaltare zurück und verließ mit den Erzherzögen, geleitet vom Kardinal und der Geistlichkeit, die neugeweihte Andachtsstätte. Vorerst verabschiedete sich der Monarch vom Kardinal, dann von den Erzherzögen, sprach dann länger mit dem Ministerpräsidenten und begab sich dann zur lebhaften Überraschung der Anwesenden quer über den Kirchenplatz zu den aufgestellten Veteranenkorps (…) deren Front der Monarch abging und den Rapport von dem Kommandanten entgegennahm. (…)
Zur Kirchenpforte zurückgekehrt, trat der Monarch die Stufen hinauf zu Bürgermeister Dr. Lueger und sagte: „Schade, dass Herr Bürgermeister den Festzug absagen mussten.“ Der Bürgermeister erwiderte: „Wir hoffen, Majestät, dass nächste Woche ein schönes Wetter sein wird.“ Darauf bemerkte der Kaiser: „Das jetzige Wetter wäre am besten gewesen!“ Allseitig freundlich grüßend, bestieg der Monarch (…) die Hofequipage und fuhr unter lebhaften Hochrufen und Tücherschwenken der Anwesenden und des zahlreichen Publikums vom Festplatze in die Hofburg.