Die Kirchenfenster der Pfarre Breitenfeld (Teil 3): Die Sakramente – Christus in der Kelter

Das rechte der drei Chorfenster nimmt wieder die Zahl 7 auf und behandelt die sieben Sakramente der Kirche:

Das in der oberen Fenster-Rundung abgebildete Licht- bzw. Sonnensymbol hat hier die Dornenkrone Jesu im Zentrum, von der die Lichtstrahlen ausgehen. Darunter hat der Künstler ein altes, vielleicht etwas verstörendes, Symbolbild gewählt, das aber in der kirchlichen Bildsprache eine lange Tradition hat: Christus in der Kelter. Seit dem 12. Jahrhundert gibt es diese allegorische Darstellung, in der der gekreuzigte Christus – deutlich erkennbar sind die Wunden an den Händen und der Seite sowie die Dornenkrone – in einer Weinpresse (Kelter) steht und Weintrauben mit den Füßen zertritt. Zugleich ist er aber auch selbst in der Presse eingespannt und sein Blut fließt in den Wein. Drei Tauben schweben um die Kelter herum.

„Wir finden die Vorstellung von Christus als Keltertreter von Anfang an bei allen Vätern; schon Tertullian († um 220) sieht in 1. Mos. 49, 11 eine Leidensvorhersage Christi und sagt in Anspielung auf Jes. 63, 1–6: ‚Der prophetische Geist hat nämlich den Herrn geschaut, wie er zum Leiden kam, angetan mit dem Fleische eines Menschen und in ihm leidend. Er bezeichnete den im Fleische Leidenden als rotbefleckt am Gewande, als ausgetreten und ausgepresst, als käme er von der Kelterstätte‘ (Adv. Marc. 4. – Migne P. L. 2, 493).
Von den Vätern übernahmen die mittelalterlichen Theologen die Gedanken vom mystischen Keltertreter. Sie konnten sich darin Christus sowohl aktiv als Sieger vorstellen: die Kelter tretend, als auch passiv in der freiwilligen Leidensübernahme: ausgepresst wie eine Traube in der Kelter. ‚Er kelterte, da er sich freiwillig für uns hingab, er wurde gekeltert wie eine Traube, da er unter dem Druck des Kreuzes den Wein von der Hülle des Körpers ausscheiden ließ und seinen Geist aushauchte‘ (Rupert von Deutz, In Isaiam 2, 29).
Diese allegorischen Vorstellungen der m.a. Theologen blieben aber nicht nur Gelehrtenerörterungen, sondern fanden weiteste Verbreitung im christlichen Volk, das die Gedankenwelt in Betrachtung und Gebet, durch Predigten und liturgische Texte, lateinische Hymnen und deutsche Kirchenlieder in sich aufnahm“ (aus: RDK Labor, Website des Reallexikons zur deutschen Kunstgeschichte, Artikel „Christus in der Kelter“)

Wenn man genau hinschaut, ist hier nicht der leidende Christus dargestellt, sondern er gibt freiwillig sein Blut. Das Gesicht ist ruhig lächelnd dargestellt. Die Hände sind nicht mehr angenagelt, sondern wie im Gebet erhoben.

Am unteren Ende hat die Kelter sieben Auslässe, aus denen der Wein herausfließt in sieben strahlende Medaillons, welche Symbole der Sakramente der Kirche tragen. Zentral und am größten ist dabei die Eucharistie – das Sakrament des Leibes und Blutes Christi – dargestellt. Die gewählten Symbole Brotkorb und Fisch verweisen auf die Speisung der 5000 im Evangelium. Hier wird angedeutet, was auch das II. Vatikanische Konzil ausdrückt, wenn es die Eucharistie als „Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“ (LG 11) bezeichnet.
Kleiner im Halbkreis darunter sind die anderen Sakramente mit Symbolen dargestellt:
Links die Taufe (deren Symbol ich nicht richtig erkennen kann – vielleicht hat jemand eine Idee, was genau hier dargestellt ist?), dann die Firmung (Taube und Feuerzunge als Symbol der Geistsendung), die Weihe (Stola als Zeichen des Weihepriestertums), die Ehe (zwei ineinandergelegte Hände), die Buße (ein Hahn – wohl eine Anspielung auf die Reue des Petrus nach der Verleugnung) sowie die Krankensalbung (dargestellt ist ein Ölgefäß, wie es zur Salbung verwendet wird).

Von allen Medaillons gehen Lichtstrahlen aus, die andeuten, dass in den Sakramenten Gott selbst wirkt und das Leben der Gläubigen mit seinem Licht erleuchtet.

Weitere Informationen zur Darstellung „Christus in der Kelter“ in der Kunstgeschichte: http://www.rdklabor.de/wiki/Christus_in_der_Kelter

(Gregor Jansen, April 2020)

Hier die Links zu den ersten beiden Teilen:
Teil 1: Schöpfung
Teil 2: Pfingsten – die Gaben des Hl. Geistes